Ostern und die Religion
Über die Tschechen wird häufig gesagt, sie seien ein Volk von Atheisten.
Bis zu einem gewissen Grad stimmt dies auch, doch es gibt viele
Gelegenheiten, zu denen sich das tägliche Leben der Tschechen mit
religiösen Traditionen verbindet. Zum Beispiel zu Ostern.
Ostern hat, genau so wie Weihnachten und andere bedeutende Feiertage,
heidnische Wurzeln. Das Datum, auf das Ostern fällt, deckt sich mit der
Tag- und Nachtgleiche im Frühling. Das jüdische Ostern, der Feiertag
Pessach, erinnert an die in der Bibel beschriebene Befreiung der Juden aus
der ägyptischen Sklaverei und den Einzug ins Gelobte Land. Das christliche
Osterfest ist zwar auch mit dem Weg in die Freiheit verbunden, aber eher im
spirituellen Sinn einer Befreiung vom Bösen. Es ist mit der Kreuzigung von
Jesus Christus verbunden.
Auch wenn alle Christen an dasselbe biblische Ereignis erinnern,
unterscheidet sich die Form des Gedenkens. Am markantesten ist der
Unterschied zwischen der östlichen und der westlichen christlichen
Tradition, also zwischen Katholiken, Protestanten, den Angehörigen der
reformierten Kirchen und den orthodoxen Christen. Der Unterschied besteht
zum Beispiel im Datum. Während in der westlichen Tradition der
Ostersonntag auf den ersten Sonntag nach dem ersten Frühjahrsvollmond
fällt, orientiert sich das östliche Osterfest an den jüdischen Ostern
und fällt auf den ersten Sonntag nach dem Pessach-Fest.
Fastenzeit
Die Fastenzeit vor Ostern dauert 40 Tage,
entsprechend dem Vorbild Jesu, der 40 Naechte in der Wueste
verbrachte. Sie endet in der Nacht von Karsamstag auf
Ostersonntag. Die genaue Fastenzeit haengt vom Oster-Datum ab,
sie beginnt aber stets an einem Mittwoch, fruehestens am 8.
Februar, spaetestens am 14. Maerz. Diesen Mittwoch bezeichnet
man als Aschermittwoch. Volkstuemlich wurde er aber auch als
Haesslicher, Schwarzer oder Verrueckter Mittwoch bezeichnet.
Am Aschermittwoch erhalten die Glaeubigen in den katholischen
Kirchen das Aschenkreuz aus geweihter Asche. Entsprechend
alter Traditionen wird die Asche durch das Verbrennen von
Aesten, insbesondere von Weiden, die im Vorjahr am Palmsonntag
geweiht wurden, gewonnen. Mit der Asche, die ein
alttestamentarisches Symbol der Reuhe und Demut ist, zeichnet
der Priester den Glaeubigen ein Kreuz auf die Stirn.
In frueherer Zeit wurde die Fastenzeit streng eingehalten. Es
wurde kein Fleisch, Kaese und keine Eier gegessen, keine Milch
getrunken, das Brot wurde nicht mit Butter oder Fett
bestrichen, es wurde nur Pflanzenoel benutzt, nicht geraucht,
kein Alkohol getrunken und kein Tabak geschnupft. Es wurde nur
einmal am Tag gegessen, aber nur Obst und Gemuese. Spaeter war
das Fasten nicht mehr so streng - es wurden verschiedene
Suppen gegessen, wie Bohnen-, Linsen-, Gemuese, Brotteig- oder
Kuemmelsuppe. Ausser den Suppen nahm man auch einfache,
fleischlose Speisen zu sich wie Hirsebrei, Knoedel mit
Pflaumenmus, Kartoffeln mit Milch oder nur Brot mit
Sauerkraut. Unseren Vorfahren war wohl bewusst, dass sie zur
Winterzeit, wenn sie sich nicht soviel bewegten und auf dem
Feld arbeiteten, nicht soviel zu sich nehmen konnten wie
sonst. Die Fastenzeit war darum recht gesund und vielleicht
koennte sie von uns, die wir die verschiedensten Dieten
ausprobieren, wieder entdeckt werden. Ein altes Sprichwort
besagt, dass das Fasten noch niemanden verhungern liess.
Der Fastenzeit ging allerdings eine Zeit des Ueberflusses
voraus, in der traditionell Schweine geschlachtet, Festmaehler
veranstaltet und die Zeit des Karnevals gefeiert wurde,
waehrend der durch die Strassen und Doerfer Maskenzuege zogen.
Dieser Reigen hatte viele Anhaenger, aber auch Kritiker, vor
allem aus den Reihen der Ordenspriester.
Am haeufigsten und beliebtesten waren die Tiermasken: Baeren,
Boecke, Hunde, Schafe, Widder, Schweine, Pferde oder Huehner.
Einige Masken hatten traditionelle Rollen, die Baeren zum
Beispiel erschreckten stets die kleinen Kinder.
Unter lautem Gesang, Getanze und Gespringe zog der Maskenzug
von einem Haus zum anderen. Bei jedem wurden die Teilnehmer
bewirtet, sei es mit Essen, vor allem aber mit Getraenken. Der
ganze Maskenumzug endete stets in einem Wirtshaus, wo man das
Trinken, Essen und Tanzen oftmals bis in den Morgen
fortsetzte. Diese Tradition der froehlichen Karnevalsreigen hat
sich vor allem im Maehren erhalten, aber auch in Boehmen findet
das Volksfest heute immer mehr Anhaenger.
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